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Ich hoffe, es ist mir gestattet, mich destruktiv über die Bewertung der Homosexualität in besagtem Abschnitt des kath. Katechismus, den Andir schon sehr trefflich zitiert hat, zu äußern, für konstruktive Kritik steht der kleine Zeiger meiner Uhr deutlich zu nah an der 12... Aber auch eine schlichte Hinterfragung (ohne direkte Alternative) kann bei derart ethischen Fragen mE weiterführend sein, und zwar insofern, dass einer Ungleichheit vor der ethischen Perspektive Einzelner (und nein, das ist hier auf niemanden gemünzt, ich gehe von einem unbedarften Leser des Katechismus aus) durch das nunmehr greifende Prinzip verhindert wird, dass eine Herabsetzung, nicht eine Heraufsetzung der Toleranzgrenze gerechtfertigt werden muss.
Dann werf ich mich doch mal auf die Referenzstellen des Paragraphen:
Genesis 19, 1-29: Hier werden die "Männer Sodoms" verurteilt, weil sie fordern, dass Lot seine Gästte zwecks "Verkehr" ausliefert. Gemeint ist mit dem harmlosen Wort hier freilich: zwecks einer Vergewaltigung. Die eigentliche "Sodomie" an dieser Stelle ist also mitnichten die Homosexualität. Vielmehr ist es die rauhe Verletzung des heiligen Gastrechts durch eine gewalttätige Handlung, die an dieser Stelle verurteilt werden soll. In einigen bis vielen nahöstlichen Kulturen war es zu dieser Zeit (ob aber die ... zu wem gehörte Sodom, zu den Elamiten? - ob die dazugehörten, weiß ich nicht) war es vielmehr ein Zeichen äußerster Wertschätzung seitens des Gastgebers, wenn man den hübschesten der Söhne dem weitgereisten männlichen Gaste für eine Nacht überlassen hat.
1. Korinther 6, 9f.: Hier ist nie die Rede von Homosexuellen, sondern nur von Hurern, Abgöttischen, Ehebrechern, Weichlingen, Knabenschändern, Dieben, Geizigen, Trunkenbolden, Lästerern und Räubern.
1. Timotheus 1, 9-11: Ebendieses. Es werden marginal Unterschiedliche gegeißelt, aber auch hier von Homosexuellen kein Wort.
Einzig zu 1. Römer 26f. fällt mir gerade nichts von Gewissheit ein... das Stammpapyrus P40 ist sogar von den entsprechenden Historikern in "Kategorie I" eingeteilt, also unzweifelbar historisch, aus dem 3. Jh. (Septuaginta-Abschrift). Aus dem Kontext müsste ich allerdings vermuten, dass es bei den hiesigen Akten um Kulthandlungen geht (Wortwahl. "Brauch". Sexuelle Praktiken zu Klutzwecken waren auch im Frühchristentum nicht üblich. Der "unnatürliche Brauch" an der Frau (in den der "natürliche" verkehrt wurde, also, verzeiht, die Arterhaltung durch kultischen hieros gamos "verspottet", so wohl die Auffassung der Frühchristen) ebenso wie auch häufig vorkommende homoerotische Kultpraktiken unter den "heidnischen" Völkern, vornehmlich der griechischen Kulte, glaube ich.
Diese meine Vermutung wäre hinreichend belegt, wenn ich nur die entsprechende Septuagintastelle lesen könnte. Das griechische Wort, das Luther mit "Brauch" wiedergibt, wird hier wohl entscheiden. Aber ich bin mir schon sehr sicher.
Ach, übrigens: DIe berühmtesten vermeintlichen Beweisstellen der Verdammnis der Homosexualität aus den levitischen Gesetzen wird richtigerweise im Katechismus schon gar nicht mehr als Referenzstelle aufgeführt, jedenfalls nicht in der Version, die ich genutzt habe, um dies zu prüfen: http://stjosef.at/index.htm?kkk/index.html~mainFrame
Sowohl Lev 18,22 als auch Lev 20,13 handeln nämlich von der Knabenliebe, also der Beziehung zu einem Kind! (Und die Verwerflichkeit dessen ist ja gerade Ehrenamtlichen in der Jugendarbeit nun wirklich allzeitig bewusst.)
Insofern möchte ich doch sagen: Der Katechismus in allen Ehren, aber an dieser Stelle wurde einfach nicht gut und textgenau gearbeitet und ist sachlich schlicht falsch. (Ich möchte betonen: an dieser Stelle!!! Über den Rest nehme ich mir kein Urteil heraus.) Mit der Sachlichen Fehlerhaftigkeit des §2357 fallen mE auch die Folgeparagraphen §§2358f.
Achja, für meine Referenz: Ich beziehe mich in miener Bibellektüre auf die Lutherübersetzung (Fassung von 1912). Den hebräischen Originaltext kann ich mangels Sprachkenntnissen nicht zitieren, von der Septuaginta habe ich leider die Referenzstellen nicht in Druckversion, und die Übersetzung des Hieronymus will ich gar nicht zitieren (wer "metanoeite" (entschuldigt, der griechische Text wird nicht angenommen... meine eigene Unfähigkeit) = "Denket um!" mit "poenitentiam agite!" = "Tut Buße!" übersetzt... naja)
Ich hoffe, dass meine kleine Stänkerei bei zumindest einigen auf fruchtbaren Boden fallen konnte. Wer damit nichts anfangen kann oder will, der mißachte dieses bitte als OT-Hintergrundrauschen eines OT-Armes des eigentlichen Themas.
Allerliebste Grüße und herzlich Gut Pfad!
Marius 
EDIT: Textverweise und -versatzstücke sowie Satzbau korrigiert.
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Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, zuletzt von Marius am 10.02.2013 - 00:29.
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