Logo Pfadfinder-Treffpunkt
Mittwoch, 29. Mai 2024
  • CHAT (Live)

  • Keine User im Chat online.

    Anzahl Räume: 4

    Zum Chat

  • ONLINE-STATUS

  • Besucher
    Heute:
    7.566
    Gestern:
    34.070
    Gesamt:
    23.658.240
  • Benutzer & Gäste
    4692 Benutzer registriert, davon online: 612 Gäste
 
Start Einloggen Einloggen Die Mitglieder Das Foren-Team Suchfunktion
75681 Beiträge & 5158 Themen in 29 Foren
Keine neuen Beiträge, seit Ihrem letzten Besuch am 29.05.2024 - 05:00.
  Login speichern
Forenübersicht » Pfadfinder - Forum » Allgemeine Pfadfinderthemen » Irrtümlich oder absichtliche Falschaussage: Die Pfadfinderbewegung sei 1911 entstanden?

vorheriges Thema   nächstes Thema  
19 Beiträge in diesem Thema (offen) Seiten (2): (1) 2 weiter >
Autor
Beitrag
Schorsch ist offline Schorsch  
Irrtümlich oder absichtliche Falschaussage: Die Pfadfinderbewegung sei 1911 entstanden?
41 Beiträge
Schorsch`s alternatives Ego
Eckard Holler schreibt in Köpfchen 4/2009 (Seite 30f) im Artikel "Hundert Jahre Pfadfinden in Deutschland": "[...] Die Voraussetzungen für den Beginn des Pfadfindertums in Deutschland waren die Übersetzung des Buches „Scouting for Boys“ (1908) von Baden-Powell durch Alexander Lion im Jahr 1909 (Titel: „Pfadfinderbuch“) und das neue Jugendwohlfahrtsgesetz von 1911, das die Gründung von Jugendorganisationen ermöglichte. Eigentlich begann die Pfadfinderbewegung in Deutschland erst 1911 mit der Gründung des „Deutschen Pfadfinderbundes“ (DPB). [...]"

Welchen Hintergrund hat es, dass diese Aussage so immer wieder zu hören beziehungsweise zu lesen ist? Wird der Beginn in Bayern absichtlich verschwiegen, vertuscht oder geleugnet? Oder sind einige Lichtgestalten einfach nur schlecht informiert? Dass am 25. September 1909 in München die erste Pfadfindergruppe in Deutschland vom Gymnasiallehrer und Naturwissenschaftler Franz Paul Wimmer gegründet worden war, sollte sich doch mittlerweile herumgesprochen haben? Wer kennt Hintergründe für diese Geschichtsverfälschung?

Link repariert, Adresse hatte sich offenbar geändert. sadarji


Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, zuletzt von sadarji am 06.01.2010 - 17:52.
Beitrag vom 23.12.2009 - 20:44
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Schorsch suchen Schorsch`s Profil ansehen Schorsch eine E-Mail senden Schorsch eine private Nachricht senden Schorsch zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Pan ist offline Pan  
67 Beiträge
Pan`s alternatives Ego
Ein Grund liegt in der Quelle. "Köpfchen" ist beim mir bekannt als ein Sammelsurium platter Linkstendenzen, Geschichtsverfälschungen und grandios schlecht recherchierten Artikeln. Seit geraumer Zeit werfe ich nur noch selten einen Blick hinein, ob sich denn was geändert hat. Alles andere empfinde ich als Belastung. Kurz: Ich habe den Verdacht auf schlechtes Handwerk. Es muss ja nicht böswillig gemeint sein.

Allerdings bin ich hocherfreut, dass solche Fehler auffallen und zur Sprache gebracht werden, denn es zeigt, dass Menschen mit offenen Augen durch die Welt gehen und nicht alles glauben, wass man ihnen vorkaut.



Ex flammis orior!
Beitrag vom 24.12.2009 - 13:18
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Pan suchen Pan`s Profil ansehen Pan eine E-Mail senden Pan eine private Nachricht senden Pan zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Christian ist offline Christian  
514 Beiträge
Christian`s alternatives Ego
Zitat
Ein Grund liegt in der Quelle.


Dem würde ich auch zustimmen...

Jabonah,
wolf



Glück ist ein verhexter Ort.
Beitrag vom 24.12.2009 - 13:20
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Christian suchen Christian`s Profil ansehen Christian eine private Nachricht senden Christian zu Ihren Freunden hinzufügen Christian auf ICQ.com zum Anfang der Seite
Schorsch ist offline Schorsch  
41 Beiträge
Schorsch`s alternatives Ego
Der Beitrag wurde offensichtlich als Bericht über die Archivtagung auf Burg Ludwigstein vom 23. bis 25. Oktober 2009 (Veranstalter: Archives der deutschen Jugendbewegung) verfasst. Leider war ich zu den Referaten am Freitag abend noch nicht anwesend, so dass ich nicht sagen kann, was dort im Detail referiert wurde. Weiß dazu jemand etwas?

Als Quelle wird ja das "Rundschreiben des Mindener Kreises Nr.10/01.11.2009" genannt. Der Ursprung des Mindener Kreises liegt zwar in den Jungenschaften, dennoch traue ich denen schon detailierteres, geschichtiches Wissen über die frühe Pfadfinderbewegung zu. verwirrt
Beitrag vom 24.12.2009 - 14:08
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Schorsch suchen Schorsch`s Profil ansehen Schorsch eine E-Mail senden Schorsch eine private Nachricht senden Schorsch zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
meuti ist offline meuti  
109 Beiträge
meuti`s alternatives Ego
Interessant... Als kleiner Wölfling (vor 25 Jahren) habe ich bei mir im Stamm auch gelernt, dass die ersten Pfadfinder in Deutschland 1911 gegründet wurden.
Beitrag vom 24.12.2009 - 15:43
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von meuti suchen meuti`s Profil ansehen meuti eine E-Mail senden meuti eine private Nachricht senden meuti`s Homepage besuchen meuti zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Storch ist offline Storch  
434 Beiträge
Storch`s alternatives Ego
zunächst einmal: die aussage ist vollkommen korrekt. die pfadfinderbewegung wurde in deutschland 1911 gegründet. zu einer bewegung braucht es nämlich etwas mehr als eine lokale erste gruppe.
ansonsten verwundert mich eh immer, warum hobby-historiker die grundlage der geschichtswissenschaft permanent übersehen wollen: geschichtswissenschaft ist nicht die aneinanderreihung von daten (das machen chronisten), sondern die sinnvolle verknüpfung nach kausalen zusammenhängen unter dem gesichtspunkt historischer relevanz. kurz gesagt: es gibt wichtige daten und unwichtige. dass in münchen 1919 (nach derzeitiger quellenlage vermutlich die erste) pfadfindergruppe gegründet worden ist, ist für die entstehung einer nationalen bewegung irrelavant. zur bewegung werden konnte die pfadfinderbewegung nur, weil in vielen anderen orten deutschlands wochen, tage oder monate später (vielleicht aber auch irgendwo einen tag früher, wer weiß das schon?) ähnliches geschah. möglich geworden war das - und deshalb ist hier nun das relevante datum - durch die übersetzung von scouting for boys durch alexander lion 1908. eine nationale bewegung (und damit auch eine historisch bedeutsame) wurde aus lokalen gruppen im jahre 1911 mit der gründung des dpb - nichts anderes sagt der text aus und steht auch in den meisten darstellungen, die ich kenne und aus denen die aussage vermutlich auch stammt. kein grund also zur aufregung.
die münchner gruppe ist von näherem interesse für den historiker, wenn er lokalgeschichte betreibt oder ein exemplarisches beispiel untersucht, ansonsten ist sie nichts weiter als eine gruppe unter hunderten, die zufällig eine zu vernachlässigende zeitspanne früher gegründet wurde als andere.
anders sähe es aus, hätte man in münchen das konzept "pfadfinder" erfunden und von da hätte es dann seinen siegeszug über deutschland und die welt angetreten. so war es aber nun mal nicht und deshalb ist mir auch das immer wieder aufs neue eintretende erstaunen einiger, dass es schlicht niemanden wirklich interessiert, dass 1909 in münchen eine pfadfindergruppe ins leben gerufen wurde, unverständlich.
wie dem aber auch sei: jetzt ist erstmal weihnachten. euch allen ein frohes fest!


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von Storch am 24.12.2009 - 16:21.
Beitrag vom 24.12.2009 - 16:18
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Storch suchen Storch`s Profil ansehen Storch eine E-Mail senden Storch eine private Nachricht senden Storch zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Schorsch ist offline Schorsch  
41 Beiträge
Schorsch`s alternatives Ego
Ich gebe zu, dass in der Eingangsfrage eine Unterstellung (irrtümlich oder absichtlich?) herausklingt, die ich nach wiederholtem Lesen, so nicht in Ordnung finde. Denn Eckhard Holler, dem Referenten auf der Fachtagung, dem Mindener Kreis oder der Köpfchen-Redaktion wird damit Redlichkeit oder Sorgfalt abgesprochen - das war nicht meine Absicht. Ich bitte darum, die von mir gestellte Frage nicht als herabwürdigend zu erachten, sondern als eine Aufforderung zur Diskussion und zur Informationsweitergabe.

Danke, Storch, dass Du den Gesichtspunkt "historische Relevanz" ins Spiel bringt. Unter diesem Gesichtspunkt müssen die Fakten in der Tat gesehen werden. Als geschichtsinteressierter Pfadfinder (Als Hobby-Historiker würde ich mich nicht bezeichnen wollen und ob sich Jack Raum so bezeichnen will, kann ich nicht sagen.) komme ich in der Frage, wann die Pfadfinderbewegung in Deutschland begann, zu einer Bewertung, die da ist, dass die Deutsche Pfadfinderbewegung in Deutschland 1909 begonnen hatte. Sie nahm den Ausgang mit der Veröffentlichung des Buches (das dürfte unstrittig sein) und fand seinen ersten Kristalisationspunkt in der Gründung der ersten Pfadfindergruppe in München, der noch vor 1911 weitere folgten.

Diese Bewertung sei mir in Abrede gestellt oder nicht. Trotzdem widerspreche ich der Darstellung, dass der Beginn der Deutschen Pfadfinderbewegung mit der Gründung des Deutschen Pfadfinderbundes 1911 gleichzusetzen ist. Ich stelle nicht in Frage, dass das ein wichtiges Datum für die Deutsche Pfadfinderbewegung (vorallem in Preußen) ist. Aber der Beginn einer Bewegung kann nicht mit der Gründung einer Dachorganisation gleichgesetzt werden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Autor das so meint. Leider hat bis jetzt niemand meine Nachfrage beantwortet, wie sich der vortragende Referent tatsächlich geäußert hat. Fakt ist, dass es Eckard Holler noch nichtmal erwähnt, dass es vor 1911 in Deutschland schon zu mehreren Gründungen gekommen ist, was bislang in der Diskussion offensichtlich keiner bestreitet.

Warum ich zu einer anderen Bewertung der Gründung in München komme, möchte ich Euch nicht vorenthalten. Soweit ich mich erinnere:
- Am 25.09.1909 wird eben jener Münchner Pfadfinderzug gegründet, der sich später dem Bayerischen Wehrkraftverein anschloß. Als dessen Gründer wird Paul-Franz Wimmer angesehen, der 1919 bei der Tagung auf Burg Prunn teilnahm und am dort formulierten Prunner Gelöbnis mitgewirkt hat.
- Nach Gründung weiterer Pfadfinderzüge in München benennt sich die von Wimmer gegründete Pfadfindergruppe in 1. MPZ um. (Es ist also von mehr als einer Gruppe die Rede.) Informierte Geschichtswissenschaftler werden bei ihren ausführlichen Recherchen in den Bayerischen Archiven auf Zeugnisse weiterer Münchner Pfadfinderzüge gestoßen sein.
- Von der von Wimmer gegründete Gruppe gibt es mit der Unterbrechung in der Nazi-Zeit eine Verbindung zu einer noch heute aktiven BdP-Gruppe in München.
- 1910 gründen sich im CVJM erste Christliche Pfadfindergruppen in Sachsen, Württenberg und Bayern.

Und ich muss Storch in einem zweiten Punkt widersprechen: Durch die im Text unerwähnten, aber für eine Bewegung bedeutsamen Kristallisationspunkte werden Schwerpunkte so gesetzt, dass die Interpretation des Lesers ein falsches Bild der Tatsachen gerade zu provoziert. Da es keine allgemeingültige Definition gibt, wann eine Jugendbewegung beginnt, kann als Beginn ebenso ein singuläres, lokales Ereignis, wie zum Beispiel ein Probelager auf einer kleinen Insel angesehen werden, dessen Teilnehmern noch nicht mal klar war, dass sie Boy Scouts werden könnten/sollten/durften. Korrekter im Sinne Deiner Interpretation wäre allemal die Aussage: "[...] Die Voraussetzungen für den Beginn des Pfadfindertums in Deutschland war die Übersetzung des Buches „Scouting for Boys“ (1908) von Baden-Powell durch Alexander Lion im Jahr 1909 (Titel: „Pfadfinderbuch“). Seit dem Herbst 1909 gründeten sich Pfadfindergruppen an verschiedenen Orten. Jedoch von einer deutschlandweiten Pfadfinderbewegung sprechen kann man erst ab 1911 durch die Gründung des „Deutschen Pfadfinderbundes“ (DPB), die durch das neue Jugendwohlfahrtsgesetz von 1911 ermöglicht worden war. [...]"

An anderer Stelle hatte ich es bereits erwähnt: Da ich nicht selbst recherchiere, sondern "nur" die Ergebnisse derer zitiere, die zur Sache was zu sagen haben oder können, kann das ein oder andere nicht nur falsch sein, was ich wiederkäue, sondern ich habe auch keine Belege oder Quelldokumente zur Hand, auf denen ich meine Ausführungen stützen könnte.

@Storch: Was _mich_ verwundert ist, dass Du unterstellst, dass irgendwer "die Grundlage der Geschichtswissenschaft permanent übersehen wollen" würde. Ferner entnehme ich Deinen Worten, dass Du auf "Hobby-Historiker" und andere geschichtsinteressierte herabblickst. Bist Du denn Historiker und kannst fundamentiert mitteilen, wieviele oder wiewenige Pfadfindergruppen bereits vor Gründung des DPB im Jahre 1911 existierten?


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von Schorsch am 27.12.2009 - 20:10.
Beitrag vom 27.12.2009 - 18:22
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Schorsch suchen Schorsch`s Profil ansehen Schorsch eine E-Mail senden Schorsch eine private Nachricht senden Schorsch zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
früherma ist offline früherma  
RE:
400 Beiträge
Zitat
Original geschrieben von Pan

Ein Grund liegt in der Quelle. "Köpfchen" ist beim mir bekannt als ein Sammelsurium platter Linkstendenzen, Geschichtsverfälschungen und grandios schlecht recherchierten Artikeln. Seit geraumer Zeit werfe ich nur noch selten einen Blick hinein, ob sich denn was geändert hat. Alles andere empfinde ich als Belastung. Kurz: Ich habe den Verdacht auf schlechtes Handwerk. Es muss ja nicht böswillig gemeint sein.

Allerdings bin ich hocherfreut, dass solche Fehler auffallen und zur Sprache gebracht werden, denn es zeigt, dass Menschen mit offenen Augen durch die Welt gehen und nicht alles glauben, wass man ihnen vorkaut.



Und was ist das hier?

Offenbar geht es Dir nicht um Ecki Hollers Vortrag, sondern darum auf die Waldeck ein zudreschen. Oder wie darf man diese Aneinandrerreihung "platt", "Gescichtsfälschungen" "grandios schlecht recheriert" ohne jeden Beleg anders verstehen?


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von früherma am 27.12.2009 - 18:36.
Beitrag vom 27.12.2009 - 18:35
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von früherma suchen früherma`s Profil ansehen früherma eine E-Mail senden früherma eine private Nachricht senden früherma zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Storch ist offline Storch  
434 Beiträge
Storch`s alternatives Ego
@schorsch:
es tut mir leid, wenn ich etwas unwirsch reagiert habe. ich ärger mich in diesem forum permanent (allerdings in anderen fäden), wenn dort mit scheinbaren "fakten" und selbstgemachten theorien historische wahrheiten zusammengezimmert werden. da dich das aber nicht betrifft, entschuldige bitte meine gereizte reaktion.
geschichte ist so ziemlich die einzige wissenschaft (neben der literaturwissenschaft), zu der sich jeder berufen fühlt, eine meinung abgeben zu können - auch ohne historisches arbeiten gelernt zu haben.
ja, ich habe geschichte studiert - was natürlich nciht heißen soll, dass ich zu jeder historischen fragestellung eine antwort geben könnte. so habe ich auch keinerlei ahnung von bayerischer pfadfinder-regionalgeschichte. allerdings sind einzelne daten in den seltensten fällen für eine epoche oder bewegung mehr als nur 'anlass'. die geschichtswissenschaft interessiert sich jedoch für die 'ursache'. diese weitverbreitete meinung, man könne geschichte 'lernen', wenn man daten aneinandereihe, ist oftmals resultat eines schlechten geschichtsunterrichts in der schule, der leider bis vor gar nicht allzuferner zeit viel zu viel wert auf faktenhuberei gelegt hat.
zur sache: ich bin - ohne näher zu der gründung in münchen geforscht zu haben - nicht überzeugt worden, dass die gründung dieses pfadfinderzuges 1909 irgendeine auswirkung auf den rest deutschlands (vielleicht von oberbayern abgesehen) gehabt hat. vielmehr ist die zeitliche abfolge der lokalen gründungen so dicht, dass daraus zwingend folgt, dass es "den" ausgangsort einer pfadfinderbewegung in deutschland nicht gegeben hat, sondern es viele unabhängig nebeneinanderstehende wurzeln gibt. es hat in meinen augen etwas kindergartenhaftes, wenn man großen bohei darum macht, wer ein paar monate vorher da war.

Beitrag vom 27.12.2009 - 20:35
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Storch suchen Storch`s Profil ansehen Storch eine E-Mail senden Storch eine private Nachricht senden Storch zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Schorsch ist offline Schorsch  
RE:
41 Beiträge
Schorsch`s alternatives Ego
Zitat
Original geschrieben von Storch @schorsch:
es tut mir leid, wenn ich etwas unwirsch reagiert habe. ich ärger mich in diesem forum permanent (allerdings in anderen fäden), wenn dort mit scheinbaren "fakten" und selbstgemachten theorien historische wahrheiten zusammengezimmert werden. da dich das aber nicht betrifft, entschuldige bitte meine gereizte reaktion.
geschichte ist so ziemlich die einzige wissenschaft (neben der literaturwissenschaft), zu der sich jeder berufen fühlt, eine meinung abgeben zu können - auch ohne historisches arbeiten gelernt zu haben.

Entschuldigung angenommen. Aber trotzdem nachgefragt: Warum ärgerst Du Dich denn überhaupt? Ergreif doch die Chance und nenne die Punkte, an denen sich die Laien verbessern können ==> So geschehen durch Deinen Hinweis auf Relevanz.

Zitat
Original geschrieben von Storch
ja, ich habe geschichte studiert - was natürlich nciht heißen soll, dass ich zu jeder historischen fragestellung eine antwort geben könnte. so habe ich auch keinerlei ahnung von bayerischer pfadfinder-regionalgeschichte. allerdings sind einzelne daten in den seltensten fällen für eine epoche oder bewegung mehr als nur 'anlass'. die geschichtswissenschaft interessiert sich jedoch für die 'ursache'. diese weitverbreitete meinung, man könne geschichte 'lernen', wenn man daten aneinandereihe, ist oftmals resultat eines schlechten geschichtsunterrichts in der schule, der leider bis vor gar nicht allzuferner zeit viel zu viel wert auf faktenhuberei gelegt hat.
zur sache: ich bin - ohne näher zu der gründung in münchen geforscht zu haben - nicht überzeugt worden, dass die gründung dieses pfadfinderzuges 1909 irgendeine auswirkung auf den rest deutschlands (vielleicht von oberbayern abgesehen) gehabt hat. vielmehr ist die zeitliche abfolge der lokalen gründungen so dicht, dass daraus zwingend folgt, dass es "den" ausgangsort einer pfadfinderbewegung in deutschland nicht gegeben hat, sondern es viele unabhängig nebeneinanderstehende wurzeln gibt. es hat in meinen augen etwas kindergartenhaftes, wenn man großen bohei darum macht, wer ein paar monate vorher da war.

Ich finde gut, dass wir wieder beim Thema gelandet sind ...

Womit begründest Du jetzt (oder wer auch immer), dass 1911 "der Beginn der Deutschen Pfadfinderbewegung" war. Dafür gibt es ganz bestimmt ein Erklärung, die diese Sichtweise stichhaltig untermauert.

Ich bin überzeugt, dass Bayern (damit auch Oberbayern und München), Sachsen und Württemberg auch damals schon Teil von Deutschland waren, ebenso dass die Gründung von Pfadfindergruppen in diesen Ländern nicht nur als "lokale" Geschehnisse zu bewerten sind, sondern als ein Aufblühen einer jungen Saat, die durch das Lion'sche Buch gesät worden war, sprich als der eigentliche Beginn der Pfadfinderbewegung in Deutschland. Soweit zum Zusammenhang von Ursache und Anlass, wobei man den letzteren - wie es sich gezeigt hat - hervorragend feiern kann.

Bezüglich der Zusammenhänge (auch der Relevanz) hatte ich in einem früheren Beitrag zu Pfadfinden100 - Es begann in München schon geschrieben. Detailiertere Informationen lieferte Ukawe in den Beiträgen zu Franz Paul Wimmer und Gerüchteküche Pfadfinden100.


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von Schorsch am 27.12.2009 - 22:02.
Beitrag vom 27.12.2009 - 22:00
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Schorsch suchen Schorsch`s Profil ansehen Schorsch eine E-Mail senden Schorsch eine private Nachricht senden Schorsch zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Löffel ist offline Löffel  
RE: RE:
3403 Beiträge
Zitat
Original geschrieben von Schorsch
Womit begründest Du jetzt (oder wer auch immer), dass 1911 "der Beginn der Deutschen Pfadfinderbewegung" war. Dafür gibt es ganz bestimmt ein Erklärung, die diese Sichtweise stichhaltig untermauert.

Dann kann man eben übernächstes Jahr noch mal 100 Jahre Pfadfinder feiern... lachend
In 2010 sind 100 Jahre WAGGGS dran, da kommt aus dem Jubilieren gar nicht mehr heraus.



"Guten Freunden gibt man ein Küsschen." (Judas)
Beitrag vom 28.12.2009 - 10:20
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Löffel suchen Löffel`s Profil ansehen Löffel eine private Nachricht senden Löffel zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Pan ist offline Pan  
RE: RE:
67 Beiträge
Pan`s alternatives Ego
Zitat
Original geschrieben von früherma

Und was ist das hier?

Offenbar geht es Dir nicht um Ecki Hollers Vortrag, sondern darum auf die Waldeck ein zudreschen. Oder wie darf man diese Aneinandrerreihung "platt", "Gescichtsfälschungen" "grandios schlecht recheriert" ohne jeden Beleg anders verstehen?



Also: Von der Waldeck (vermutlich ABW) ist hier nicht die Rede. Der ABW ist ein Verein mit Vorzügen und Nachteilen, wie sie jeder Verein hat. Der ABW ist einfach nicht mein Stil, was mir nicht erlaubt ihn herabzuwürdigen. Mich stört allerdings die ständige Betonung der 68er und bestimmtes Lied- sowie Gedankengut.
Die Kritik trifft ganz allein Köpfchen, wobei mir bewusst ist, dass das nur an einzelnen Artikeln bzw. Verfassern dieser liegt. Diese werden, das ist meine persönliche Meinung, eben von dem oben erwähnten Störenden angezogen. Doch zurück zum Thema. Im erwähnten Text steht (erster Absatz):

[…] Die Voraussetzungen für den Beginn des Pfadfindertums in Deutschland waren die Übersetzung des Buches „Scouting for Boys“ (1908) von Baden-Powell durch Alexander Lion im Jahr 1909 (Titel: „Pfadfinderbuch“) und das neue Jugendwohlfahrtsgesetz von 1911, das die Gründung von Jugendorganisationen ermöglichte. Eigentlich begann die Pfadfinderbewegung in Deutschland erst 1911 mit der Gründung des „Deutschen Pfadfinderbundes“ (DPB). […].

Da fällt mir folgendes auf:

1.) Das besagte Pfadfinderbuch von Lion ist eine Übertragung und keine Übersetzung.
2.) Das Jugendwohlfahrtsgesetz von 1911 könnte ein „kausaler Zusammenhang“ (geklauter Begriff) sein. Inwiefern benötigte es ein Gesetz, das die Gründung von Jugendorganisationen ermöglichte, um die PfadfinderBEWEGUNG in Deutschland zu beginnen? Ist das vielleicht der Beginn der organisierten Pfadfinderei? Waren vorher existierende Gruppen gar illegal? Das ist ein Diskussionsstoff.
3.) Wo wird denn bei der Gründung des „Deutschen Pfadfinderbundes“ (DPB) der „Schnitt gemacht“. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde oder gar erst ein paar Jahre später, als sich eine nennenswerte Mitgliederzahl eingefunden hatte? Da ist wohl der Historiker gefragt und der Gelehrtenstreit vorprogrammiert. In diesem Zusammenhang halte ich es nicht für unklug, den Auslöser, also das Erscheinen des Lion-Buches, als Anlass für Feierlichkeiten etc. zu wählen.

Am besten feiert man alles, dann hat man das richtige Datum garantiert dabei.



Ex flammis orior!
Beitrag vom 28.12.2009 - 11:50
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Pan suchen Pan`s Profil ansehen Pan eine E-Mail senden Pan eine private Nachricht senden Pan zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
früherma ist offline früherma  
RE: RE: RE:
400 Beiträge
Erstmal: Vielen Dank für den sachlichen und versöhnlichen Ton.
Dass im Köpfchen immer wieder Leute über "ihre Zeit" schreiben ist ja nicht so außergewöhnlich.
Da gehören viele Lieder einfach dazu.
Mit dem Peter Rohland- Singewettstreit und dem Festival zu Pfingsten steht die ABW für eine ganz eigene Färbung. Dass das
Zitat
Original geschrieben von Pan


...ist einfach nicht mein Stil, was mir nicht erlaubt ihn herabzuwürdigen. .


dagegen ist ja nichts zu sagen. Gibt ja genügend Alternativen. Da kann man sich doch gut gegenseitig lassen, ohne aneinander herumzumäkeln.
Beitrag vom 28.12.2009 - 12:27
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von früherma suchen früherma`s Profil ansehen früherma eine E-Mail senden früherma eine private Nachricht senden früherma zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Ukawe ist offline Ukawe  
Falschaussagen
9 Beiträge
Liebe Leut,
bevor historisch eindeutig falsche Aussagen, wie z.B. die von storch, unreflektiert immer weiter nacherzählt werden, sollte man doch bitte allmählich auch das schon lange bestehende historische Wissen um den Beginn des Pfadfindens in Deutschland zur Kenntniss nehmen. Dieses findet man z.B. bei

- Karl Seidelmann, Die Pfadfinder in der deutschen Jugendgeschichte, Hannover 1977 Bd.I und II/1
- Stephan Schrölkamp, Gründerväter der Pfadfinderbewegung, Baunach 2005
- Bundschuh, Pfadfinder-Förderkreis Nordbayern e.V. Heft 01/09, 100 Jahre Pfadfinden in Deutschland, Erlangen 2009
- Ruth Hoffmann, Der interkulturelle Transfer des Boy-Scout-Konzeptes von Großbritannien nach Bayern vor dem Ersten Weltkrieg, München 2005 (Zulassungsarbeit Uni München, Fak. f. Geschichts- und Kunstwissenschaften, Hist. Seminar, Abt. f. bayerische Geschichte, Prof. Dr. F. Kramer)
- Christoph Schubert-Weller, So begann es - Scouting als vormilitärische Erziehung, Baunach 1988

sehr gut zusammengefaßt und dargestellt und allesamt mit Quellen nachvollziehbar belegt. Seidelmann war selbst auch Zeitzeuge und nahm an der Prunner Tagung 1919 aktiv teil.

Man darf auch bitte nicht einfach von den heute selbstverständlichen Strukturen und Begriffen auf die damaligen Verhältnisse vor 100 Jahren 1 : 1 zurückschließen, damit liegt man garantiert immer falsch. Darin wird mir storch sicher Recht geben.

Unbestreitbare Tatsache ist heute, dass das Pfadfinden in Deutschland 1909 begann und dass der DPB 1911 eine sekundäre Herausdifferenzierung dessen ist, was 1909 begann, genauso wie der Beginn des deutschen evangelischen Pfadfindens 1911 im CVJM und der Beitritt der bayerischen Pfadfinder in den Bayerischen Wehrkraftverein ab 1911 .

Die Gründung des DPB 1911 wie die des evangelischen Pfadfindens und des bayerischen Wehrkraftpfadfindens markieren alle drei nicht den Beginn des deutschen Pfadfindens, sondern das Ende seiner Gründerzeit und den Beginn der Reifezeit (bis 1919) mit der für Deutschland seitdem typischen organisatorischen Zersplitterung gegen alle Notwendigkeit. Seit 1911 setzt sich das deutsche Pfadfinden klar von seinem englischen Vorbild ab, hat nun sein eigenes Profil gewonnen.

Die offene Frage war nur noch, wie und wo das deutsche Pfadfinden 1909 begann. Hier haben in den letzten Jahren umfangreiches Quellenstudium in den deutschen Archiven, auch von mir selbst, und besonders die oben genannte wissenschaftliche Arbeit von Ruth Hoffmann inzwischen wissenschaftlich begründet die Klärung erbracht.

Die ersten, die, angeregt durch Lions Pfadfinderbuch (München, Mai 1909), Pfadfinden als Selbstzweck erkannten und umsetzten und es nicht nur als eine neue Spielidee neben anderen für bestehende Jugendorganisationen mit eigenständiger programmatischer Ausrichtung (z.B. CVJM, Bibelkreise, Wandervogel, Jugendwehren, ...) ansahen, waren die Jungs vom Ersten Münchner Pfadfinderzug, gegründet von Franz Paul Wimmer und seinen Schülern am Samstag, 25. 09. 1909 am Alten Realgymnasium in München durch Initiative der Schüler selbst. Dies ist durch die Kurzgeschichte des 1. MPZ von Franz Paul Wimmer im BdP Bayern Archiv eindeutig belegt (Sign. 5.40.02/Bund 8).

Kriterium für die Festlegung des Beginn des "Pfadfindens" in Deutschland kann nicht die Entstehung einer sekundären Organisationsform für schon bestehendes Pfadfinden sein. Es ist vielmehr der Moment, als aus der neuen und fremden Spielidee "Pfadfinden" , die neben anderem zunächst nur unverbindlich empfohlen und angewandt wurde, ein eigenständiges und nachhaltig angewandtes Konzept wurde, das als ein ursprünglich fremdes Kulturgut so adaptiert und transformiert wurde, dass es fortan nicht mehr als fremd betrachtet wird. Dieses Kriterium trifft allein auf Franz Paul Wimmer und dem 1.MPZ zu.

Sie traten damit im Herbst 1909 eine Lawine los, die 2 Jahre später unter anderem auch zur Umbenennung des Berliner Fördervereins "Jugendsport in Feld und Wald" in "Deutscher Pfadfinder Bund" führte.

Wimmers neue Entwicklung war schnell stadtbekannt, wurde im Mai 1910 im Wanderer (Zeitschrift des Vereins Jugendsport in Feld und Wald) reichsweit bekanntgemacht und von ihm selbst im April 1911 in einer pädagogischen Fachzeitschrift (Bayerische Zeitschrift für das Realschulwesen Heft 4 April 1911, 11. Jahrgang) publiziert. Wimmer und Lion standen von Anfang an in engem Austausch. Aber er machte bewußt etwas anderes als der o.g. Berliner Verein, weshalb er, seine Jungs und der 1. MPZ dort auch nicht Mitglied wurden. Von nur lokalen Ereignissen hier zu sprechen ist falsch.

Diese Entwicklung lief übrigens analog zu der in England. Auch Baden-Powell wollte zunächst keine eigene Organisation oder Bewegung etc. gründen, sondern nur bestehenden Organisationen eine neue interessante Spielidee vermitteln, die erfolgreich getestet war (Brownsea-Island). Die Jugend nahm sich aber selbst der Sache an, machte etwas ungewollt eigenes daraus und Baden-Powell hechelte den Rest seines Lebens dem nach, was er losgetreten hatte aber schnell eine von ihm unabhängige Dynamik gewann. Er organisierte nachträglich. Er tat es gut, sehr gut.

In Preussen wollte man 1909/1910 zunächst eine "Gründung" von oben herab, dafür wurde der Berliner Verein von Erwachsenen gegründet. Diese Gründungsidee misslang aber gründlichst, die Jugend blieb aus, die deutschnationale Kritik war verheerend, nur die Wandervögel (Alt- und "Neu"-) spielten zunächst eine Zeit lang begeistert auch Pfadfinden. In München dagegen geschah unabhängig davon gleiches wie in England, die Jugend nahm sich selbst der Sache an und machte etwas eigenes daraus. Auch Pfadfinden als Bewegung begann somit in München am 25. 09. 1909, nicht in Berlin 1911 mit der Gründung des DPB aus dem Verein Jugendsport in Feld und Wald durch Umbenennung.

Wichtig ist hierbei zu beachten, dass das 2. Deutsche Reich 1871 - 1919 kein zentralistischer Staat nach französischem Vorbild war, sondern, wie Deutschland auch in den 1000 Jahren davor, ein föderaler Bundesstaat. Nur das 3. Reich der Nazis war bislang ein zentralistisches Zwischenspiel in der deutschen Geschichte. Im Bismarckreich war allein die Außenpolitik Reichssache, alles andere Obliegenheit der Bundestaaten. Sonstige reichsweite Gültigkeit von Währung, Gesetzen und sozialpolitischen Regelungen waren allein im Länderkonsens erreichbar und ein sehr langwieriger Prozess ab 1871. Auch das Militär war allein im Kriegsfall Reichssache, sonst Länderangelegenheit. Nie gab es eine reichsweite Gültigkeit in der Kultur- und Bildungspolitik. Somit war der Jugendpflegeerlass des pr. Kulturministeriums vom 18. 01. 1911 eine rein preussische und nie deutsche Angelegenheit, der die Tätigkeit des am gleichen Tag in Berlin gegründeten DPB in Preussen freilich sehr förderte. Der preussische Erlass war auch eine Reaktion auf die Gründung des bayerischen Wehrkraftvereins am 12. 03. 1910 in München, der eine entsprechende Zielrichtung staatlicher Jugendpflege vorgab. Ziel beider war allein, die entstehende nichtkonfessionelle bürgerliche Jugendarbeit/-bewegung (auch Wandervogel !) in den Griff zu bekommen, die sozialdemokratische dadurch massiv zu behindern und dazu staatlicherseits jugendpflegerische Maßnahmen anzuordnen, wie z.B. bereitwillige logistische Unterstützung durch staatliche Institutionen etc. . Der am 13.11.1910 in Berlin gegründete preussische "Bund Jungdeutschland" war dann die dem Bayerischen Wehrkraftverein entsprechende Organisationsform staatlicher Jugendpflege für Preussen, dem der DPB 1912 beitrat. 1911 und 1912 gab es dann auch in Bayern entsprechende ministeriale Erlasse zur Jugendpflege, die die Arbeit des Wehrkraftvereins fördern sollten. Ein verzahntes Vorgehen wie bis heute, nicht ganz frei auch von Konkurrenzgefühlen.

Der DPB war tatsächlich, auch wenn der Name etwas anderes ankündigen mag, eine schwerpunktmäßig preussische Organisation. In Bayern konnte er nicht tätig werden (Kartellvertrag mit dem Bayerischen Wehrkraftverein), in Württemberg bekam er nie Boden unter die Füße und in Sachsen war er marginal, da in den beiden letztgenannten Königreichen das evangelische Pfadfinden ab 1911 dominierte. Dies hätte aber auch anders kommen können. Im Frühjahr 1911 passte der 1. MPZ seine Organisationsstruktur der des DPB an und wollte ihm beitreten. Der Kartellvertrag DPB-Wehrkraftverein verhinderte dies aber und führte den 1. MPZ im Frühsommer 1911 in den Wehrkraftverein. Der DPB wurde 1911 von der Politik ausgebremst und auf seinen preussischen Ursprung weitestgehend beschränkt.

Darüberhinaus verstand sich der DPB vor 1919 trotz straffer Organisation nicht als "Bund" in unserem heutigen Sinn mit seinem immer noch auch stark emotionalen Aspekt.

Dieser Begriff entstand erst nach 1919 durch die romantisch-völkische Reaktion der bürgerlichen Jugend auf den verlorenen Krieg und die Revolution und brachte mit jeder erreichten "Bündigung" eine Abspaltung von denen mit sich, die lieber anderen ideologischen Verquastungen folgen wollten. Er war ein Nebenprodukt der geistigen Verwirrung und Entwurzelung durch den verlorenen Ersten Weltkrieg. Intoleranz, Überheblichkeit, Sondertümelei und bürgerlich-pubertäre Verwirrung unter romantisch-völkischem oder deutschnationalem Vorzeichen sind der Quellgrund dieser emotionalen "Bundesidee". Auch antisemitische Tendenzen kamen darin schnell zum Vorschein. Die idealistische Forderung nach einem "Hochbund" und "Dritten Reich" und dem "Neuen Menschen" im Weißen Ritter der Neupfadfinder, d.h. nach einem emotional und ideologisch völlig überfrachteten und damit nicht realisierbaren "Jugendreich", war für die Wandlung des Bundeskonzepts in den 20ern richtungsweisend. Damit hatte das Selbstverständnis des DPB vor 1919 nichts zu tun.

Wie sah er sich selbst, der DPB vor 1919? Nach seinen eigenen Aussagen war er ein Verein zur Förderung und Organisation des Pfadfindens, gern reichsweit, faktisch leider hauptsächlich preussisch. Und dies tat er sehr erfolgreich. Mehr nicht. Der Unterschied zum Berliner Verein war im wesentlichen, dass er auch konkret organisatorisch tätig wurde für die ihm ab 1911 angeschlossenen und schon älteren Pfadfindergruppen und für die in ihm dann neu entstehenden, neben der ideellen Förderung seit 1909. Mitgliedsbeiträge gab es vor 1919 im DPB nach heutigem Kenntnisstand keine. Er war auf Spenden angewiesen. Er war aus heutiger Sicht mehr "Dachverband" als "Bund", aber jedenfalls schnell eine Massenorganisation. Ähnlich wirkte der Bayerische Wehkraftverein für die bayerischen Pfadfindergruppen, hatte aber auch eigene Gruppen und solche anderer Organisationen, z.B. die Sportjugend, unter seinem Dach vereint, und konnte natürlich niemals die Größe des DPB erreichen.

Die Pfadfinderinnen waren ab 1912 reichsweit im BDPw zusammengefasst, Bayern inbegriffen, und von Anfang an schon sehr viel stärker "gebündelt" als die männlichen Pfadfinder. Sie waren vom Ansatz her klar emanzipatorisch für ihre Zeit, glitten nach 1919 aber zügigst in die völkische Ecke ab. Da gab es wohl schon früher einige ideologische Ansätze, die dann später unter anderen Bedingungen entsprechend fruchtbar werden konnten. 1945 war ein völliger Neubeginn bei den Pfadfinderinnen, außer dem Namen hatte der BDPw (ab 1948) nichts mehr mit dem früheren BDPw gemein.

Maximilian Bayer war auch nicht deutscher Reichsfeldmeister des DPB, sondern 2. Bundesvorstand und "Bundesfeldmeister Nord", zuständig für Preußen und Sachsen. Von Seckendorff , ein bayrischer Adliger und Offizier wie Lion, war gleichzeitig gleichberechtigter "Bundesfeldmeister Süd", zuständig für den Rest des Reiches außer Bayern von Metz aus. Sie waren keine "Bundesführer" im heutigen Sinn, sondern Vorstände und Gebietssekretäre eines Fördervereins für das Pfadfinden, Organisatoren. Und das machten sie sehr gut und sehr nachhaltig, sonst gäbe es uns deutsche Pfadfinder heute wohl nicht.

Warum nun gerade München und nicht Berlin oder oder oder?
1909 heißt 5 Jahre vor Beginn des 1.Weltkrieges. Im Burenkrieg stand das deutsche Reich offen hinter den Buren und deutsche Freiwillige kämpften in der burischen Armee, die von Krupp & Co. ausgerüstet worden war. In Mafeking wurde BiPi aus deutschen Gewehren und Kanonen beschossen und hatte auch deutsche Gegner vor sich. Baden-Powell war ein berühmter feindlicher General, der mit seinen Äußerungen zur Zivilverteidigung als Abwehr einer möglichen deutschen Invasion Englands in Deutschland in den Ruf eines der größten Deutschenhassers geraten war. Der Wilhelminismus der preussischen Oberschicht stand der Möglichkeit einer Übertragung von Baden-Powells Scout-Konzept zunächst diametral entgegen. Auch dass Lion einer jüdischen Familie entstammte, Baschwitz gläubiger Jude war behinderte den Transfer in Preussen auch später außerordentlich. Wilhelminischer Antisemitismus kam hinzu. Pfadfinden stand in Preussen zunächst im Verdacht der "Engländerei", des Landesverrats. Andererseits war das Reich kein totalitärer Staat. Wer wollte, konnte sich über den Buchhandel sogar das englische Original von Scouting for Boys auch in Deutschland billigst kaufen, billiger sogar als das deutsche Pfadfinderbuch. Man mußte nur wollen und Englisch können. Daran lag es. Wieweit diese Möglichkeit ergriffen wurde von der akademischen Jugend ist aber unbekannt. Lions Buch war jedesmal schnell vergriffen, sicher auch der geringen Auflage wegen. Dennoch ein Bestseller, wie Scouting for Boys in England, auch in Preussen.

In Bayern und München war die Stimmung dagegen vor 1914 teilweise anders. Erstens war man noch stark separatistisch gestimmt und lehnte alles aus Berlin zunächst auch mal gern prinzipiell ab. Bayern und besonders München waren aber auch die liberale und weltoffene Hochburg im damaligen Deutschland und zogen viele modern denkende Menschen aus aller Welt an, Künstler, Denker, Ingenieure, Revolutionäre. Schwabing war der Kristallisationskern dieser Besonderheit. Dann war man von Flotte und Kolonien auch recht weit entfernt mangels Küste, so dass diese politische Problematik kaum den Lebensalltag der Bevölkerung betraf, anders als in der preussischen Industrie, damit aber auch weniger interessierte. Das alles war mehr Ferne und Abenteuer, weniger aktuelle Politik. Man konnte gelassener Großbritannien begegnen als in Preussen. Und Bayern war agrarisch geprägt, auch noch im Bewußtsein der Städter, die gern auf den Bauernhof ihrer Großeltern zur Verwandtschaft in die Sommerfrische fuhren, auch die ärmeren Schichten. Es fehlte weitgehend das Industrie-Proletariat, Handwerker und Facharbeiter dominierten, andere waren in Dienstverhältnissen und in der Landwirtschaft noch altertümlich aber "familiär" eingebunden. Eine völlig andere Welt als zeitgleich in Preussen (Berlin oder Ruhrgebiet oder Saar oder Oberschlesien).

Und dann hatte man über den Eisenbahnbau, der in Bayern begann für Deutschland, bei Krauss-Maffei in München Schwabing seit 50 Jahren engste auch personelle Verflechtungen mit Großbritannien. Diese neue technische Intelligenz schickte ihre Söhne lieber auf die von ihr initiierten neuen Realgymnasien, statt auf die herkömmlichen humanistischen. Dieser neue Schultyp war eine bayerische Entwicklung, die die Alten Sprachen zugunsten der Modernen Sprachen und Mathematik und Naturwissenschaften zurückdrängte im Stundenplan.

Für den deutschnational-romantisch gesonnenen Wandervogel war man in München damit kaum zu begeistern. Der war preussisch-urban und deutschnational. Das war eine völlig andere Mentalität. Schon die erhaltenen Berichte über das "Wandern" um 1910 machen dies deutlich. Der Wandervogel beschränkte sich auf gemütliche kleine Spaziergänge in der Natur, das gemeinsame Singen und Feiern in der Pause oder nächtlichen Unterkunft waren dann zeitlich umfangreicher. "Picknick" oder "Party" könnte man es heute nennen. Die Pfadfinder dagegen legten Strecken von täglich 30 km und auch mehr zu Fuß oder 100 km mit dem Fahrrad zurück. Das mal so am Wochenende. "Trekking" könnte man es heute nennen.

Wimmer stammte vom Land, aber aus dem weltoffenen künstlerisch orientierten Bildungsbürgertum, war Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften an einem Münchner Realgymnasium, zunächst mit Standort im Lehel mit seiner starken jüdisch-konfessionellen akademischen Bevölkerung, dann im Herzen von Schwabing, wo sie heute noch steht. Schon als Referendar begann er 1904 mit Schülerwanderungen an den Samstagen, um ihnen die Naturwissenschaften dort nahezubringen, wo sie sich zeigen, in der Natur. Die Jungs aus dem 1. MPZ entstammten diesen liberalen modernen Elternhäusern beider benachbarter Stadtteile . Die Schule selbst war Schirmherrin des 1. MPZ, ohne ihre Erlaubnis konnte ein Lehrer damals nicht mit seinen Schülern die Freizeit verbringen. 1919 titulierte sich der 1.MPZ dann auch offiziell als "am Alten Realgymnasium" ansässig.

Genau unter diesen einmaligen lokalen Bedingungen konnte 1909 der interkulturelle Transfer des Pfadfindens von Großbritannien nach Deutschland stattfinden, um sich dann ab 1910 zügig zu akklimatisieren ("Germanisierung") und nicht mehr als fremdes Kulturgut zu erscheinen. Woanders wäre dies damals nicht so einfach möglich gewesen, überhaupt nicht aber in Preussen. Danach nahm die Sache ihre eigene Entwicklung, das deutsche Pfadfinden unterschied sich bald vom englischen. 1911 ist der Transformationsprozess abgeschlossen. Dies markiert auch die Gründung des DPB.

Die zweite deutsche Pfadfindergruppe wurde mit von Seckendorff am 09. 11. 1909 in Metz gegründet. Dies ist auch auffällig, da von Seckendorff bayerischer Offizier in einer bayerischen Garnison in den Reichslanden Elsaß-Lothringen war, wo auch Lion stationiert war um 1900. Die Zivilverwaltung der Reichslande war preussisch geführt. Hier sickert Pfadfinden von Bayern nach Preussen ein. Die dritte Gruppe war dann die von Czaya im preussischen Breslau im März 1910, dem ehemals österreichischen, katholischen Teil Preussens. Berlin folgte erst später im Jahr.

Die Bamberger Gründung von Lion und Steinmetz fand nie den Weg zum Pfadfinden, war erst eine Versuchsgruppe des Berliner Vereins und dann eine reine Wehrkraftgruppe. Steinmetz soll sich dann später dem Wandervogel zugewandt haben. Bamberg hatte auch einen stark wilhelminisch-national gesonnenen Magistrat um 1909.

Ostern 1910 wurde Wimmers Gruppe größenbedingt geteilt, sie hatte ca. 100 Mitglieder. So entstand die vierte deutsche Pfadfindergruppe, der 2. Münchner Pfadfinderzug, und kurz darauf auch noch um Ostern durch erneute Teilung der 3. Münchner Pfadfinderzug, die 5. deutsche Gruppe. Alle zunächst an einer Schule. Der Zulauf war enorm. Ende 1910 gab es in München bereits 12 Pfadfinderzüge, fast an jedem Gymnasium einen. Alle vom 1. MPZ initiiert oder zumindest angeregt. Am Alten Realgymnasium waren im Sommer 1910 von ca. 450 Schülern ca. 150 Pfadfinder (1. und 2. und 3. MPZ). Dem 3. MPZ gehörte dann später Werner Heisenberg als Zugführer und Teilnehmer am "Deutschen Pfadfindertag" vom 01. bis 03. 08. 1919 auf Schloss Prunn an. Er war Schüler des Maximiliansgymnasiums im gleichen Gebäudekomplex wie das Alte Realgymnasium.

Dieses Treffen auf Schloss Prunn war, trotz seines Namens, kein deutsches Treffen, sondern eines der bayerischen Pfadfinderführer mit österreichischer Beteiligung. Es markiert das Ende der Reifephase und den Beginn der dritten Phase der deutschen Pfadfindergeschichte, der Erneuerungszeit. Das Prunner Gelöbnis stellt eine konkrete pfadfinderische Korrektur der dem Pfadfinden wesensgemäß eher fremden Meißner Formel dar (viel zu schwammig und nichtssagend, reine Worthülse), an der auch Wimmer und der 1. MPZ maßgeblich beteiligt waren. Das Prunner Gelöbnis wirkte dann aber auf ganz Deutschland und anfangs auch Österreich aus. Die späteren "Neupfadfinder" traten auf Prunn das erste mal inhaltlich auf (Habbel). Der 1. MPZ teilte Habbels Schwärmerei und Schwafelei nicht und hielt sich von ihnen fern, auch von fast allen späteren bündischen Entwicklungen, so wie Wimmer und Lion auch. Es scheinen dann vor allem auch die antisemitischen Angriffe von Voelkel gegen Lion in Naumburg 1920 ein Grund für die andauernde Distanz des 1. MPz gegen die Neupfadfinder gewesen zu sein, hatten doch einige von ihnen jüdische Konfession und verstanden sich Wimmer und Lion sehr gut. Sie traten dann, wie Lion, der Reichsschaft Deutscher Pfadfinder bei, die die Anerkenung durch das I.B. in London 1933 bekam, nannten sich dann aber auch schon Stamm Feuerkatzen und besaßen Kohten. In der NS-Zeit wurden sie 1933 geschlossen ins Jungvolk eingegliedert, 1934 offiziell aufgelöst, konnten sich aber als Jungvolkgruppe "Feuerkatzen" stadtbekannt als reine Pfadfindergruppe auch inhaltlich im Jungvolk völlig abgeschottet halten bis 1945. Es gibt Fotos von ihnen mit der Pfadfinderlilie des 1. MPZ aufgestickt auf der Jungvolkuniform. Im April 1945 initiierten und führten Mitglieder des 1. MPZ die Widerstandsbewegung "Freiheitsaktion Bayern". Ab 1959 trafen sie sich jährlich. Der letzte des 1. MPZ, Hanns Ortlieb, starb am 06.01.2010 mit 95 Jahren bei München. Der Platz Münchner Freiheit in Schwabing ist nach der Widerstandsgruppe des 1. MPZ benannt, an der Schule erinnert seit 25.09.2009 eine Gedenktafel an den 1. MPZ.

Jetzt gibt es sicher viele neue Fragen, die Antworten dann später, wohl anderswo.

Zur Tagung am Ludwigstein. Ich war von Anfang an dabei und kann nur sagen, dass der Bericht, auf den sich storch beruft, und den ich online nachlesen konnte, so verkürzt ist, dass er entstellend ist. Er kann nicht als Grundlage dienen. Die Tagung selbst zeigte in den Vorträgen sehr unterschiedliches intellektuelles und fachliches Niveau, war aber insgesamt erhellend und interessant und bot sehr viel mehr, als der Artikel suggeriert.

Nix für ungut,

Ukawe














Ukawe


Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, zuletzt von Ukawe am 22.01.2010 - 13:40.
Beitrag vom 20.01.2010 - 21:20
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von Ukawe suchen Ukawe`s Profil ansehen Ukawe eine E-Mail senden Ukawe eine private Nachricht senden Ukawe`s Homepage besuchen Ukawe zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
ChrisKra ist offline ChrisKra  
Falschaussagen...von UKAWE
302 Beiträge
ChrisKra`s alternatives Ego
......dem ist wahrlich nichts mehr hinzuzufügen! Danke an UKAWE für die Mammutrecherche....



ck....und im übrigen bin ich der Meinung,daß D ein Welt-Jamboree ausrichten sollte!
Beitrag vom 20.01.2010 - 21:41
Diesen Beitrag melden   nach weiteren Posts von ChrisKra suchen ChrisKra`s Profil ansehen ChrisKra eine E-Mail senden ChrisKra eine private Nachricht senden ChrisKra`s Homepage besuchen ChrisKra zu Ihren Freunden hinzufügen zum Anfang der Seite
Baumstruktur - Signaturen verstecken
Seiten (2): (1) 2 weiter > vorheriges Thema   nächstes Thema

Gehe zu:  
Es ist / sind gerade 0 registrierte(r) Benutzer und 612 Gäste online. Neuester Benutzer: Kattas
Mit 16883 Besuchern waren am 08.05.2024 - 06:54 die meisten Besucher gleichzeitig online.
Alles gute zum Geburtstag    Wir gratulieren ganz herzlich zum Geburtstag:
Caesar (53), CPP|Alex (40), igenace (30), Kirkias (21), PfadiGirly (34), Pfadi_Fabi (34), rahab (60), rosé (44), Scooter (26), viennascout1050 (69)
Aktive Themen der letzten 24 Stunden | Foren-Topuser
 
Seite in 0.14999 Sekunden generiert


Diese Website wurde mit PHPKIT WCMS erstellt
PHPKIT ist eine eingetragene Marke der mxbyte GbR © 2002-2012